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Der Hornbrief Juni 2020 - Jagdmusik zwischen Tradition und Innovation

Ist Jagdhornmusik heutzutage – in Zeiten von Smartphone und Facebook – noch sinnvoll, notwendig oder eben überflüssig. Soll auf nicht-jagdlichen Veranstaltungen überhaupt geblasen werden? Wo sind die Grenzen der Jagdmusik, was schießt heutzutage übers Ziel hinaus oder ist alles Tradition?

Es gibt einige Puristen in der Jagdhornszene, die das heutige Spektrum an Jagdhornbläserei ablehnen. So solle Jagdmusik sich auf die alleinige Nutzung der Signale auf der aktiven Jagd beschränken und/oder auf das Blasen „klassischer“ Jagdmusik. Dies sei der einzig legitime Einsatz dieser Musik. Und ein Einsatz der Stopftechnik (beim Parforcehorn) sei als untypisch für das Horn („Hornquinte“) genauso abzulehnen. Für manche (Professoren!) ist das Fürst-Pless-Hornblasen keine Tradition, da zu "neu"!

Wer einmal 30 klassische Fanfaren (von über 3000 existenten) im 6/8-Takt nacheinander gehört hat, der wünscht sich mehr und begrüßt Vielfalt. Der Experte mag ja noch drei Fanfaren auseinanderhalten, zu diesem Zeitpunkt ist das Publikum aber schon gelangweilt. Noch dazu, wenn Jagdmusik in Hubertusmessen die Stimmungen der Liturgiepunkte ausdrücken soll.

Die Hornquinte ist, ja, typisch für unser Horn, sie ist aber eben nur einer der vielen Akkorde auf dem Horn.

Längst blasen wir Jagdhorn zu vielen verschiedenen Gelegenheiten und vor verschiedenem Publikum, das es überaus begrüßt, dass ein „Der Jäger aus Kurpfalz“ oder ein "Kein schöner Land" vorgetragen wird. Warum sollte Volksmusik nicht auch von Jagdhörnern interpretiert werden - alle anderen Instrumente, Komponisten und Musikgattungen haben dies schon vor uns getan!

DIE klassische französische Gruppe "Le Debuché de Paris" macht vor, was alles mit dem Horn möglich ist und beschränkt sich da nicht auf EINEN gestopften (oder geschalteten) Ton - da wird teilweise jeder Ton in Virtuosität gestopft. Welch‘ Vielfalt kommt hierbei heraus, welch‘ Ausdruck – und alles mit dem unverwechselbaren Klang einer „Trompe de Chasse“!

Das Verbannen von Jagdmusik einzig in die praktische Jagdausübung verkennt die Absicht und heutige NOTWENDIGKEIT die Jagd in der Öffentlichkeit zu vertreten und dafür Werbung zu betreiben und dies auch mit "Publikumsreißern" und nicht nur 6/8tel-Fanfaren französischer Provenienz.

Tradition ist gut und gilt es zu bewahren, ja, aber das darf nicht dazu führen alles auf einen bestimmten Stand an Tradition zu beschränken– welchen dann überhaupt? Das Jahr 1800? Dann gäbe es schon einmal gar kein Fürst-Pless-Horn! Auch Josef Schantl und Karl Stiegler verböte sich dann!

Tradition lebt, Tradition verändert sich – schön erlebt man das zurzeit in der Volksmusik, in der modernisiert wird, in der experimentiert wird und die damit wieder (jüngeres) Publikum gewinnt – und damit NICHT ausstirbt.

Gutes wird sich durchsetzen, nicht so gutes wieder vergehen. Zeitloses wird bleiben! Und so bleibt die Tradition lebendig!

Viel Spaß und Gruß Martin Geyer

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