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Glocken und Glockenspiel
Die Glocken:
Es liegt eine schöne Ausarbeitung von Jules Cantin, „Cloches et Carillions“ vor, nach der wir uns im Allgemeinen richten wollen. Siehe die Übersetzung der Einleitung des Werkes. Daneben gibt es bei fast allen Autoren der bekannten Literatur genügend Stücke, in denen Glocken vorkommen, sei es in Messen oder als Hochzeitsglocken.
Aber zuerst möchte ich mich aber mit der eigentlichen Charakteristik eines Glockentones beschäftigen und mit der Frage wie man das bläserisch umsetzen kann
Ein Glockenton hat eine bestimmte Sequenz: "Bimm-Bamm".
So trivial das jetzt erscheinen mag, so wichtig ist es. Zum Wesen gehört die Richtungsänderung des Tones durch das Hin (Bimm)- und Herschwingen(Bamm) des Klöppels z.B. e-d c-b, der ersteTon ist immer etwas verdichteter als der zweite.
Der erste Ton geht zum Ohr hin, der zweite vom Ohr weg, daher klingt er etwas tiefer.
Die Charakteristik kann man eigentlich nur dadurch imitieren, wenn sich zwei Bläser aufstellen die die gleiche Glocke blasen. Es wäre von Bedeutung, wenn das zweite Horn eine andere Obertonreihe hat. Beide blasen dann im Wechsel den gleichen Glockenton. und ergänzen sich dann zu einer Glocke.
Die hohe Glocke hat immer eine höhere Schlagfrequenz als die tiefe Glocke.
Den Glockenturm (frz. Clocher) kann man eigentlich recht gut mit einer Bläsergruppe vergleichen.
Jede Glocke hat einen eigenen Schlag und auch Namen wie hier an den Glocken der Dresdner Frauenkirche zu sehen ist, sie entspricht einem einzelnen Bläser mit einem einzigen Ton.
Der Ton beginnt nicht abrupt und laut, sondern leise, steigt sinusartig bis zum Maximum an und fällt wieder genauso gleichmässig ab. Man kann sehr schön die gleichmäßigen Schwebungen sehen, die sich über den ganzen Ton hinziehen.
Vergleichen wir den Original Glockenton mit einer mit dem Parforcehorn gespielten Hochzeitsglocken-Sequenz aus Cantins „Noces du Chasseur“
Quelle: Oberpfälzer Jagdhornbläser
In der Grafik sieht man das Hin- und Herschwingen. Die Sinuscharakteristik in der Dynamik ist deutlich nachzuvollziehen. Die klanglich verschiedene Charakteristik des Bamm kann man in einer Verdichtung der Linien gegenüber dem Bimm erkennen
Freie Glocken:
auf der Trompe kann man kräftige Stilelemente durch das Naturvibrato gestalten. Freie Glocken sind meiner Meinung nach die "Königsdisziplin" des Glockenspieles. Man beginnt mit e2,d2,c2, e1,g1, wobei der T6n kräftig angestossen und auch die ganze Sequenz durchgehalten wird. Nach zwei bis drei Durchgängen geht man in die ad libitum Phase über, wo sich eine eigene gruppenspezifische Dynamik entwickelt. Hier kann durchaus auch ein h oder c1 mitschwingen. Nach einer gewissen Zeit, auf ein Zeichen des Leiters hin, beginnt der Schluss. Die Glocken werden langsamer, es fangen an die tiefen Töne zu dominieren, die hohen klingen langsam aus. Das Pedal C untermauert mit tiefem Brummen bis zu endgültigen Schluss.
Komponierte Glocken:
Beispiele finden wir in der Messe von Stief oder die sogenannten "Kurfürstenglocken" aus der Kurfürstenfanfare. Der wichtigste Schritt beim Spielen der Glocken ist aber, sich von dem Notenblatt zu lösen und die Sequenz der Glockenschläge zu erkennen. Nur so fügen sich die Stimmen harmonisch aneinander, beim sturen Auszählen der Takte steht man sich selbst im Weg, man hat fürchterliche Resultate. Beim Vortrag profitiert man von einer gewissen Agogic, das heisst Zähl und Zeitverzögerungen zu Gunsten einer eingängigen Klangsequenz. So gewinnen die Glocken an Charakter.
Hier ein Beispiel aus der Hubertusmesse Vierzehnheiligen vom 8. November 2009 Bläsercorps Lichtenfels.
oder mit den Glocken aus der Kurfürstenfanfare
Das Glockenspiel (Carillion) hat einen völlig anderen Charakter als die Glocken.
Es klingt spielerisch, etwas holprig und drollig.
Die Töne klingen viel weniger nach als bei großen Glocken, wie kleine Glöckchen eben. Beim Glockenspiel steht immer eine kleine Melodie, ein Thema im Vordergrund, bei Glocken das Läuten, die Interferenzen und Überlagerung der einzelnen Stimmen. Beim Clocher kann unabhängig von den beschriebenen Bewegungen eine Bassstimme einen Glockenton auf dem Pedal c oder g (je nach Harmonie) ausführen, um das ganze zu untermalen
Münchner Glockenspiel Rathaus